Sie sind hier: Über die Stadtgemeinschaft / Die Geschichte der Stadtgemeinschaft
Sonntag, 22. Dezember 2024

Die Geschichte der Stadtgemeinschaft Allenstein

Goldenes Buch der Stadt Allenstein

Es dauerte nicht lange, bis sich die Allensteiner nach den Wirren des Krieges auf ihre gemeinsame Heimat besannen. Schon 1948 hatten sich in Berlin, Hamburg und Rendsburg die ersten Gruppen von Allensteinern gebildet, die sich zunächst unregelmäßig, aber bald regelmäßig trafen. 1950 wurde der erste Heimatkreis in Berlin gegründet und auch die ersten überregionalen Verbindungen wurden geknüpft.

Drei Ereignisse aber waren es, die den Zusammenhalt der über die gesamte Bundesrepublik verstreuten Allensteiner ganz besonders förderten:

Das erste Ereignis war die Herausgabe des ersten „Allensteiner Briefes“ durch Pfarrer Kewitsch im Jahre 1948. Der Brief wurde bald zu einer festen Einrichtung und ist bis heute - wir zählen insgesamt 275 Ausgaben - das Bindeglied der Stadtgemeinschaft.

Das zweite Ereignis war das Erscheinen der Broschüre „Die Geschichte der Stadt Allenstein“ von Anton Funk im Jahre 1950. Diese enthielt nur eine kurze, aus dem Gedächtnis niedergeschriebene und durch die Ereignisse vor und nach Kriegsende ergänzte Zusammenfassung seiner von ihm bereits 1943 fertiggestellten „Geschichte der Stadt Allenstein von 1348 bis 1943“. Dieses umfangreiche Werk konnte erst 1955 herausgegeben werden, da das Manuskript zunächst verschollen war und nur durch einen glücklichen Zufall wieder entdeckt wurde.

Das dritte Ereignis war, dass das „Goldene Buch“ der Stadt Allenstein, in dem seit der Gewerbeausstellung im Jahre 1910 alle herausragenden Ereignisse im Leben der Stadt festgehalten worden waren, unter ganz ungewöhnlichen, geradezu wunderbaren Umständen aufgefunden wurde und wieder in den Besitz der Allensteiner gelangte.

Denkmal der Schulpatenschaften

Es fehlte aber noch das neue gemeinsame „Zuhause“, und so wurde im kleinen Kreis bereits der Gedanke einer Patenschaft erörtert und dabei auch die Stadt Gelsenkirchen genannt. Im Februar 1952 schlug der Vertriebenenbeirat der Stadt Gelsenkirchen eine Patenschaft für die Stadt Allenstein vor, die im November desselben Jahres durch die Gelsenkirchener Stadtverordneten beschlossen und am 01. Januar 1953 urkundlich bestätigt wurde. Die feierliche Übergabe der Patenschaftsurkunde an die ehemaligen Bewohner Allensteins erfolgte am 24. April 1954 im Schloss Berge in Gelsenkirchen - Buer.

Im gleichen Jahr fand auch das erste Treffen in Gelsenkirchen statt, an dem 7.000 Allensteiner die Patenschaft und nachträglich - die Erhebung zur Stadt erfolgte 1353 - den 600. Geburtstag ihrer Heimatstadt feierten.

Wie die Urkunde ausweist, geschah die Wahl des „Patenkindes“ nicht zufällig. Viele der Ostpreußen, die im 19. Jahrhundert auf der Suche nach Arbeit ins Ruhrgebiet kamen und zur Entwicklung Gelsenkirchens beigetragen haben, kamen aus dem Raum Allenstein, und die Vereinsgeschichte des FC Schalke 04 und die Namen seiner Spieler sind ein Beleg für die zahlreichen Bande. Dr. Zülch, der damalige Erste Stadtvertreter, konnte auf einer Sitzung der Gelsenkirchener Karnevalsgesellschaft „Piccolo“ im Jahre 1961 daher auch glaubhaft vorrechnen, dass die 17.000 Allensteiner, die in den Jahren 1880 bis 1904 in Gelsenkirchen sesshaft wurden, bei dem allgemein bekannten Kinderreichtum der Ostpreußen so viele Nachkommen hinterlassen hätten, dass quasi jeder Einwohner Gelsenkirchens ein Allensteiner sei.

1955 erfolgte die Gründung der „Kreisgemeinschaft Stadt Allenstein“ und der Eintrag in das Vereinsregister. Dank der Hilfe der Stadt Gelsenkirchen verfügte sie bereits über eine eigene Geschäftsstelle. In den folgenden Jahren wurden auch Patenschaften zwischen Schulen und Sportvereinen geschlossen, die sich ganz ausgezeichnet entwickelten.

Gedenkplatte im Musiktheater Gelsenkirchen

Ein besonderes Zeichen der Patenschaft wurde mit der Bronzeplatte geschaffen, die im Jahre 1990 im Gelsenkirchener Theater, dem „Musiktheater im Revier“, in den Boden des Foyers eingelassen wurde. Sie erinnert an das südostpreußische Landestheater in Allenstein „Der Treudank“  und wurde auf den Tag genau am 65. Jahrestag der Übergabe dieses als Dank für das Abstimmungsergebnis errichteten und daher für die Allensteiner so bedeutsamen Bauwerks eingeweiht. Anwesend war auch der Sohn von August Feddersen, dem Erbauer des „Treudank“.

Ein Zeichen, dass die Allensteiner in der Patenstadt ein „Zuhause“ gefunden haben, ist auch die Bronzetafel in der Propsteikirche, an der sie sich jedes Jahr zu Beginn des Treffens zum Gedenken an die Toten versammeln.

Ende 1992 folgte der Patenschaft eine Städtepartnerschaft zwischen Gelsenkirchen und Allenstein. Dem guten Verhältnis zwischen Gelsenkirchen und der Stadtgemeinschaft tat dies keinen Abbruch, denn auch die Stadtgemeinschaft richtete nach der politischen Wende ihr Augenmerk auf das heutige Allenstein. Neben die Verpflichtung, durch Herausgabe des „Allensteiner Heimatbriefs“ und  die Veranstaltungen von Jahrestreffen den Zusammenhalt zwischen den ehemaligen Bewohnern Allensteins zu erhalten, trat die Aufgabe, die in Allenstein verbliebenen Landsleute, die sich nun zu ihrer Abstammung bekennen konnten, zu unterstützen.

Die Stadtgemeinschaft hat in den ersten Jahren mit Geld - und Sachspenden humanitäre Hilfe geleistet und verteilt noch heute jedes Jahr einen ansehnlichen Betrag an besonders bedürftige Angehörige der deutschen Minderheit, um die größte Not zu lindern.

Haus Kopernikus in Allenstein

Ein weiteres Beispiel für die Unterstützung durch die Stadtgemeinschaft ist das Haus der deutschen Minderheit in Allenstein, das „Haus Kopernikus“. Das ehemalige deutsche Finanzamt wurde 1996 mit Spendengeldern der Stadtgemeinschaft erworben und vorwiegend  mit Mitteln der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und Zuwendungen des Freistaates Bayern renoviert. Seit dem Bezug im Jahre 2001 dient das Haus nicht nur den Angehörigen der Allensteiner Minderheit, sondern auch vielen Jugendlichen aus anderen deutschen Vereinen, die in Allenstein ihre Ausbildung absolvieren, als Treffpunkt. Es finden Sprachkurse, Ausstellungen, Vorträge und andere Veranstaltungen statt, die auch von anderen Bewohnern Allensteins gerne besucht werden. So ist das Haus Kopernikus zu einem Mittelpunkt der deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen und zu einem Ort deutsch - polnischer Begegnung geworden.

Im September 2004, am 50. Jahrestag der Übernahme der Patenschaft, unterzeichneten die Stadt Gelsenkirchen, die Stadt Olsztyn/Allenstein und die Stadtgemeinschaft eine Vereinbarung. Darin bekräftigen sie ihren Willen, die gute Zusammenarbeit der vergangenen Jahre fortzusetzen und die partnerschaftlichen Beziehungen weiter zu vertiefen. Neben gemeinsamen Projekten auf kommunaler Ebene sollen vor allem Begegnungen zwischen deutschen und polnischen Jugendlichen gefördert werden, um eine dauerhafte Basis für das Zusammenwachsen beider Völker im vereinigten Europa zu legen.

Zurück