Das Hauptgestüt Trakehnen
Das Hauptgestüt Trakehnen wurde 1732 gegründet. Es umfaßte 1925 ein Areal von 6.014 ha. Davon: Ackerland rund 3.000 ha, Wiesen und Weiden ca. 2.500 ha, Wald ca. 200 ha sowie Gebäude, Hofstellen, Gärten, Parks, Wege und Gräben ca. 314 ha.
Standortbedingungen: Höhenlage 50-70 m über Normalnull; Niederschläge: 600 mm im Jahr; jährliche Temperaturunterschiede: 50-60 Grad Celsius.
Zum Hauptgestüt gehörten das Hauptgestütsvorwerk Trakehnen sowie 15 weitere Gestütsvorwerke, davon allein 11 im Kreis Ebenrode. Sie waren auf 3 politische Gemeinden aufgeteilt: Groß Trakehnen (südlich der 2gleisigen Strecke Königsberg - Eydtkau), Neu Trakehnen (nördlich dieser Eisenbahnlinie) und Klein Trakehnen (Kreis Gumbinnen, westlich Groß Trakehnen angrenzend) mit insgesamt 2.892 Einwohnern und 702 Haushaltungen (ohne das Dorf Trakehnen mit 501 Einwohnern, verteilt auf 129 Haushaltungen).
Am 31.8.1944 hatte das Hauptgestüt 1.115 Pferde (davon 20 Hauptbeschäler und 379 Mutterstuten) und knapp 1.100 Gestütsbedienstete.
Vom Bahnhof Trakehnen bis zum Hauptgestüt Trakehnen im äußeren Südosten des Gestütsbereiches führt (auch noch 50 Jahre nach Kriegsende 1945) eine schnurgerade, 6 km lange Chaussee , die von Eichenbäumen eingefaßt ist. An der linken Seite der Dorfstraße lagen die Wohnungen der Gestütswärter und Landarbeiter, und rechts am Eingang das Krankenhaus und die Wohnung des Arztes. Die Häuserzeile links schließt mit der Apotheke ab (Nr. 16 in der Skizze).
Ortslage des Hauptgestütsvorwerk Trakehnen
1. Landstallmeister
2. Sekretariat
3. Wirtschaftsamt und Kasse
4. Hotel Elch
5. Post
6. Hauptspeicher
7. Ackerhof
8. Alter Hof
9. Neuer Hof
10. Wartburg
11. Reithalle
11a. Hengstprüfungsanstalt
12. Jagdstall
13. Hundezwinger
14. Hauptbeschälerstalt
15. Friseur
16. Apotheke
Nachfolgend wird die Entwicklung der Trakehner Zucht in Kurzform aufgezeichnet:
1732: Friedrich Wilhelm I. gründete nach erfolgreicher Kultivierung der nördlich von Trakehnen gelegenen Pissa-Niederung das "Königliche Stutamt Trakehnen" mit 1.100 Pferden, darunter 513 Mutterstuten. Verschiedene Rassen waren zunächst vertreten, von denen die Neapolitaner, Dänen, Andalusier, Orientalen und englische Vollblüter als die bedeutendsten zu nennen sind. Die namhaftesten Beschäler hatten orientalische Blutführung.
1786: Das Stutamt Trakehnen wird nach dem Tode Friedrich des Großen zum Staatsgestüt "Königlich Preußisches Hauptgestüt" erhoben. Eine zielstrebige Entwicklung der Landespferdezucht setzt ein. Privatgestüte entstanden. Das Zuchtziel ist nach wie vor, ein leistungsfähiges, hartes und vielseitig verwendbares Pferd zu züchten. Die Zucht selbst wird in ein Reitpferde- und Wagenpferdegestüt gegliedert.
1787: Die Einteilung in Rappen, Braune und Füchse wird vorgenommen und über 150 Jahre beibehalten. Für das Reitgestüt wird als Zuchtziel eine fortschreitende Veredelung unter Verwendung von Arabern als Hauptbeschäler vorgenommen. Als Brandzeichen für Trakehner Reitpferde wird die halbe Elchschaufel auf dem rechten Hinterschenkel eingeführt, ab 1815 für alle in Trakehnen geborenen Pferde.
1789-1842: Die Landstallmeister von Below und von Burgsdorff veredeln weiter mit arabischen und englischen Vollblütern. Der gesamte Pferdebestand beläuft sich auf 1.000 Pferde, davon 16 Hauptbeschäler und 300 Mutterstuten.
1847-1864: Der Landstallmeister von Schwichow paßt sich ebenfalls den Erfordernissen der Landwirtschaft an, ein geeignetes Ackerpferd mit hoher Zugkraft zu züchten. Aus der etwas leichten Trakehner Stute wird durch die sogenannte "l. Verstärkung" ein ausgezeichnetes Wagenpferd erzielt (maßvolle Verwendung vollblütiger Hauptbeschäler / bevorzugter Einsatz Trakehner Halbbluthengste).
1864-1888: Der Landstallmeister von Dassel holt nach gescheiterten Versuchen mit artfremdem Blut (Anglo-Normannen / Hannoveraner) nur noch Vollblüter, Trakehner und Hengste der ostpreußischen Privatzucht. Sie führten zu einer glanzvollen Zuchtperiode in Trakehnen, die nach Dr. Heling "die ganze preußische Landespferdezucht befruchtet".
1888: Gründung der "Ostpreußischen Stutbuchgesellschaft für Warmblut Trakehner Abstammung", Sitz in Königsberg. In ihr sind die bäuerlichen Züchter und privaten Zuchtstätten zusammengeschlossen. Mit der doppelten Elchschaufel auf dem linken Hinterschenkel werden die im Stutbuch eingetragenen "Warmblütigen Pferde Trakehner Abstammung" gekennzeichnet. Der Name des Trakehner Pferdes hat immer den gleichen Anfangsbuchstaben wie seine Mutter.
1895-1911: Dem Landstallmeister Burchard von Oettingen hat Trakehnen viel zu verdanken: Zweckmäßiges Neubauprogramm, gärtnerische Anlagen und weitere Meliorationen zur Stärkung der Weidewirtschaft. Durch weitere Heranführung englischen Vollblutes erreichte er die "II. Verstärkung" der Trakehner Zucht. Der englische Vollbluthengst "Perfectionist" sorgt in einer nur 3jährigen Deckzeit ab 1903 für allerbestes Zuchtmaterial, darunter der berühmte Hengstlinienbegründer "Tempelhüter", 1904.
1912-1922: Landstallmeister Graf Sponeck verstärkt den Vollbluteinfluß noch mehr.
1916-1933: "Tempelhüter" wirkt in Trakehnen als Hauptbeschäler. Weitere Hauptbeschäler sind "Nana Sahib" und "Cancara".
1922-1931: Siegfried Graf von Lehndorff muß die Umzüchtung vom Remontetyp in einen vielseitig verwendbaren Wirtschaftstyp vornehmen. In dieser sogenannten "III. Verstärkung" ist nach Dr. Heling "eine völlige Umformung notwendig, vom Modell des Quadratpferdes zu dem des Rechtecks", in das sich alle wirtschaftlich berechtigten Forderungen einbeziehen lassen: Kurzbeinigkeit, Tiefe, Breite, Vollrippigkeit, Muskelfülle. Eignung im Zugdienst und als landwirtschaftliches Arbeitspferd". Herangezogen werden verstärkt halbblutige Hauptbeschäler unter gleichzeitiger Reduzierung der Vollbluthengste. Diese Methode, Umzüchtung aus der Rasse selbst, erhält die Reinzucht und führt zu guten Ergebnissen.
1922: Die doppelte Elchschaufel wird Hauptstutbuchbrand des neu gegliederten Ostpreußischen Züchterverbandes, dies gilt unverändert bis heute.
1931-1944: Die Zuchtumstellung seines Vorgängers auf das wirtschaftliche Vielseitigkeitspferd, das den Anforderungen der Wehrmacht, den Bedürfnissen der ostpreußischen Wirtschaft und Landwirtschaft sowie denen des Reitsports entspricht, ist nahezu beendet. In dieser Zeit der Umzüchtung wirken Hauptbeschäler, die auch später Einfluß nehmen auf die Trakehner Zucht in Westdeutschland, wie "Cancara", "Ararad", "Dampfroß", "Pilger", "Hirtensang", "Termit", "Pythagoras", "Tempelhüter".
1.9.1944: Gauleiter Koch genehmigt den Abtransport der wertvollsten Pferde in geschlossenen Güterwagen, um Unruhe in der Bevölkerung zu vermeiden. Die Wehrmacht stellt einen in den Westen zurückkehrenden Leerzug zur Verfügung. So werden die Hauptbeschäler und etwa 140 nach Qualität ausgesuchte Mutterstuten mit dem Zug nach den Hauptgestüten Graditz und Neustadt transportiert. Mitte September können dann durch das Entgegenkommen des Stationsvorstehers des Trakehner Bahnhofes etwa 60 Hengste des Jahrgangs 1943 nach Hunnesrück und etwa 140 Pferde nach Labes in Pommern verladen werden. Mit Rücksicht auf die Lage werden junge Stuten auch an ost- und westpreußische Züchter abgegeben. Noch etwa 800 Pferde und Fohlen sind in Trakehnen nebst Vorwerken vorhanden.
17.10.1944: Räumung Trakehnens und Flucht der Pferdeherden im Fußmarsch nach 6 Stunden Trab nach Georgenburg bei Insterburg. Von hier aus werden die meisten Pferde nach Anweisung des Ministeriums in Königsberg per Eisenbahn in die Hauptgestüte nach Graditz (bei Torgau) und Neustadt an der Dosse, in die Landgestüte nach Fürstenstein in Schlesien und Labes in Pommern sowie auf 6 große schlesische Güter in Privatbesitz verladen. Danach werden aus den in der ersten Not zu stark belegten Evakuierungsorten etwa 290 Stuten und Absatzfohlen im Remonteamt in Perlin in Mecklenburg zusammengezogen.
Jan. - Juli 1945: Bis auf Perlin fallen alle Pferde in sowjetrussische Hände. Nach Perlin kommen zunächst amerikanische, dann englische Truppen, die die Verlegung aus der geplanten Sowjetzone in den Westen nicht erlauben. Schließlich erhalten 2 Beschäler und 28 Stuten einen Passierschein in den Kreis Ratzeburg. Alle in der Sowjetzone verbliebenen Trakehner Pferde werden in die UdSSR transportiert. Zu diesem Zeitpunkt sind das Hauptgestüt Trakehnen und mehr als 18.000 Zuchtbetriebe zerstört. Eine Weiterführung der Zucht scheint unmöglich. Von 26.264 Stuten und 852 Hengsten, die 1944 im Stutbuch eingetragen waren, bleibt verstreut in alle Richtungen in den westlichen Zonen ein Restbestand von 700 Stuten und 60 Hengsten.
1947: Der "Trakehner Verband", der Verband der Züchter und Freunde des Warmblutpferdes Trakehner Abstammung e.V., wird gegründet. Die in den Westen gelangten Trakehner Pferde des Hauptgestütes werden von der Stutbuchgesellschaft übernommen und in das neue Stutbuch eingetragen.
Wesentlichen Anteil am Wiederaufbau haben neben Freiherr von Schroetter und Dr. Fritz Schilke, der Vorsitzende und der Geschäftsführer des Verbandes, Dietrich von Lenski-Kattenau, Andreas Peter Graf von Bernstorff und Ulrich Poll.
1987: Der Trakehner Verband begeht 3 Jubiläen: 200jähriges Bestehen des Trakehner Brandzeichens; 40 Jahre Trakehner Verband; 25 Jahre zentrale Hengstkörung in Neumünster. Die Mitgliederversammlung des Trakehner Verbandes faßt den Beschluß, das Herkunftsland der Trakehner Pferde in seiner Namensbezeichnung festzuschreiben (bei der Neugründung des Zuchtverbandes hatten die Engländer dies verboten). Die Züchtervereinigung heißt nunmehr: Verband der Züchter und Freunde des ostpreußischen Warmblutpferdes Trakehner Abstammung e.V.
Von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, der Dachorganisation für die deutschen Zucht- und Reitsport-Vereinigungen, werden die Trakehner in die Abteilung der "Spezialzuchten" eingestuft. Hierzu gehören auch die Zucht des englischen Vollblutes und die Araberzucht, die ebenfalls auf Bundesebene betrieben werden.